Der achtjährige Moritz startet den 29. Februar 2020, den Tag der Seltenen Krankheiten, wie jeden anderen Tag: Er muss inhalieren, um den zähen Schleim in seiner Lunge zu mobilisieren, ihn abzuhusten und um besser atmen zu können. Mehrmals am Tag greift Moritz zum Inhalator. Er hat die Seltene Erkrankung Mukoviszidose, eine angeborene Stoffwechselerkrankung.
Wie ein verstopftes Rohr, so können sich die betroffenen Kinder und Jugendlichen ihre Erkrankung vorstellen. Dr. Britta Welzenbach ist Oberärztin im Mukoviszidose (CF)-Zentrum der KJF Klinik Josefinum, CF steht für den englischen Namen der Erkrankung "cystic fibrosis". Sie erklärt: Der defekte Kanal lässt zu wenig Salz und Wasser aus den Körperzellen – dadurch wird Sekret und Schleim zu zäh, was dann
beispielsweise zu verstopften Atemwegen und Lungenentzündungen führt. „Mukoviszidose ist eine Seltene Krankheit, die Patienten aber ihr Leben lang begleitet, in Form von täglichem Inhalieren, Physiotherapie und Tabletten“, sagt die Oberärztin und Leiterin des Fachbereichs.
Beim Neugeborenen-Screening wird die Krankheit frühzeitig entdeckt. „Bestätigt ein sogenannter Schweißtest die Diagnose, begleiten wir die Patienten durch die Krankheit“, so Dr. Britta Welzenbach, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderpneumologie. Die Therapien mindern die lebensgefährlichen Symptome wie Lungenentzündungen und Untergewicht. Einfach richten lässt sich der Kanal nicht: Eine vollständige Heilung für Mukoviszidose gibt es derzeit nicht.
Geprüfte Hilfe für Betroffene
Seit Oktober 2019 ist das Mukoviszidose (CF)-Zentrum für Kinder und Jugendliche der KJF Klinik Josefinum Augsburg nach MUKO.zert-Kriterien zertifiziert. Das Josefinum ist damit die einzige nicht-universitäre Kinderklinik in Bayern, die in dieser Form als Mukoviszidose-Einrichtung anerkannt ist. In Schwaben gibt es keine weitere zertifizierte Kinderklinik. „Wir möchten primäre Anlaufstelle in Schwaben bleiben und unsere langjährige Spezialisierung und Erfahrung mit Mukoviszidose auch im Bereich klinischer Studien weiter ausbauen“, sagt Privatdozent Dr. Thomas Völkl, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche im Josefinum.
Dr. Welzenbach und ihr Team betreuen aktuell über 40 Patienten. 23 von ihnen sind Kinder. „Momentan behandeln wir auch Erwachsene, da Anlaufstellen fehlen“, sagt die Oberärztin.
Für Patienten bedeutet die Zertifizierung vor allem eine Qualitätssicherung. Mukoviszidose-Patienten können sich sicher sein, dass sie in einer zertifizierten Klinik aufgrund der strengen Qualitätskriterien, die erfüllt sein müssen, gut aufgehoben sind. Es gibt zum Beispiel umfassende Hygienemaßnahmen gegen Infektionen und fachlich geschultes Personal. Kliniken müssen für das Zertifikat viele Voraussetzungen erfüllen und es alle drei Jahre erneuern. „Die Strukturanforderungen durch das Zertifikat sind hoch, deshalb haben es oft nur Universitätskliniken“, sagt Dr. Völkl.
Nächster Schritt: Forschung
Eine Mutation des Mukoviszidose-Gens kann die Funktion des Kanals in der Zellwand auf verschiedene Arten einschränken und vielfältige Auswirkungen haben. Deshalb werden stetig neue Medikamente und Therapien gegen Symptome erforscht. Das Josefinum wird auf Basis des Zertifikats in das CF-Studiennetzwerk einsteigen, das klinische Studien zur Mukoviszidose koordiniert. Damit unterstützt es die Entwicklung neuer Medikamente und Behandlungen. Patienten des Josefinum können dann im Rahmen von solchen Studien mit den neuesten Medikamenten behandelt werden. Die Forschung hat das Ziel die Beschwerden der oft noch kleinen Patienten zu lindern und ihre Lebenserwartung und –qualität zu erhöhen. Und vielleicht eines Tages der funktionslose Kanal reparieren zu können.
Für Moritz könnte das bedeuten, dass er eines Tages ohne Inhalator in den Tag starten kann. Die Zeit ohne Inhalation und Physiotherapie könnte er dann wie seine Mitschüler nutzen: zum Spielen und Toben.
Kontakt
Mukoviszidose (CF)-Zentrum
Leitung: Oberärztin Dr. med. Britta Welzenbach
Klinik für Kinder und Jugendliche
Chefarzt: Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Völkl
KJF Klinik Josefinum
Telefon 0821 2412-237
E-Mail muko@josefinum.de
Über Mukoviszidose
Mukoviszidose ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung, bei der die sogenannten CFTR-Gene mutiert sind. In Deutschland leiden bis zu 8000 Patienten unter dieser Mutation. Seit 2016 ist ein Test auf Mukoviszidose Teil des Neugeborenen-Screenings.
CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator) ist ein Protein, das auf Körperzellen sitzt. Es funktioniert wie ein Kanal und lässt Chlorid aus den Zellen heraus. Chlorid gehört neben Natrium und Kalium zu dem wichtigsten Elektrolyten des Körpers. Als Salzsäure ist es beispielsweise Teil des Magensaftes und unterstützt die Verdauung und die Abwehr von Krankheitserregern.
Durch die Mutation ist bei Mukoviszidose-Patienten der Kanal defekt: Nur wenig oder gar kein Chlorid kann durch – oder es gibt gar keinen Kanal. Innerhalb der Zelle bleibt dadurch Salz zurück, während sich außerhalb wenig Salz bildet. Unabhängig vom Chlorid-Kanal verteilt sich Wasser in und außerhalb einer Zelle immer so, dass es die Salzkonzentration ausgleicht. Die Folgen:
Der salzarmen Schleimhaut auf der Zelle wird Wasser entzogen, das in die Zelle fließt. Die Schleimhaut wird trocken und fest. Sie verstopft lebenswichtige Organe.
Da das CFTR-Gen in fast allen Geweben des Körpers vorkommt, kann sich die Erkrankung auf viele verschiedene Organe auswirken. Oft beeinträchtig Mukoviszidose die Lunge und den Darm mit Symptomen wie Atemnot, wiederkehrenden Infekten und starkem Untergewicht.
Weitere Informationen über die Erkrankung Mukoviszidose lesen Sie unter www.muko.info
Über MUKO.zert
Neben dem Josefinum haben in Bayern die Mukoviszidose-Abteilungen der TU und LMU in München sowie der Uni Regensburg, der Uni Würzburg und der Uni Erlangen das Zertifikat. Deutschlandweit sind über 40 Einrichtungen anerkannt.
Das Zertifikat erfolgt durch den Bundesfachverband Mukoviszidose e.V. Es ist durch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und die Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP) akkreditiert. Die Eignung einer Klinik bewertet ein Gutachtengremium und ein unabhängiges Zertifizierungsboard trifft die Entscheidung.
Mehr zu MUKO.zert unter
www.muko.info/angebote/qualitaetsmanagement/zertifizierung
Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e.V. (KJF)
Die KJF Augsburg ist einer der größten Anbieter für Gesundheits-, Sozial- und Bildungsdienstleistungen in Bayern. Seit 1911 bietet das Sozialunternehmen vor allem Kindern, Jugendlichen und Familien mit rund 80 Einrichtungen und Diensten Lösungen für die verschiedensten individuellen Bedürfnisse an: in der Kinder- und Jugendhilfe mit Kindertagesstätten, Stationären Wohnformen oder Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung; in Berufsbildungs- und Jugendhilfezentren, durch Angebote für Beruf und Arbeit sowie Integrationsunternehmen und -dienste; in der Medizin mit mehreren Kliniken; in verschiedenen Schulen. Darüber hinaus bildet die KJF Augsburg kontinuierlich annähernd 500 Fachkräfte für soziale und medizinische Berufe aus. Als christlicher Verband katholischer Prägung ist für die KJF und ihre rund 5.800 Mitarbeiter jeder Mensch wertvoll, unabhängig von Herkunft, Status, Religion oder Kulturkreis. Vorstandsvorsitzender ist Markus Mayer, Vorsitzender des Aufsichtsrates Domkapitular Armin Zürn.
Weitere Informationen zur KJF finden Sie unter www.kjf-augsburg.de.
Aktuelle Videos gibt es im YouTube-Kanal auf www.youtube.com/kjfaugsburg