Diabetes – eine Diagnose, die jeden Tag im Leben begleitet

Die KJF Klinik Josefinum ist seit Kurzem ein zertifiziertes Diabeteszentrum der höchsten Stufe für Kinder und Jugendliche. Zum Weltdiabetestag am 14. November
Immer mehr Kinder und Jugendliche erkranken an einem Typ-1-Diabetes. Das Team des Diabeteszentrums am Augsburger Josefinum hilft Familien mit erkrankten Kindern auf umfassende Weise. Foto: KJF/Carolin Jacklin
14. November 2019

„Blöd“ – die Antwort des achtjährigen Hiro auf die Frage, wie es ihm mit der Erkrankung Diabetes geht, ist kurz und eindeutig. Erst im Februar dieses Jahres wurde der Typ-1-Diabetes bei ihm diagnostiziert. „Die Diagnose war schon ein Schock“, gibt Hiros Mutter, Lisa Bründl, zu. Für sie als Arzthelferin war natürlich auch sofort klar, welche Konsequenzen diese Erkrankung für das Leben ihres Sohnes und das ihrer Familie insgesamt hat. Los ging es bei Hiro, wie übrigens bei vielen anderen Kindern auch, mit Symptomen, die erst einmal auf nichts Schlimmes schließen lassen: Hiro trank tagsüber mehr als sonst. Als er dann plötzlich auch nachts stündlich aufstand, aufs Klo ging und gleich anschließend ein Glas Wasser trank, hatte Lisa Bründl schon eine Ahnung, dass er ernsthaft krank sein könnte. Es folgte ein Krankenhausaufenthalt und die Diagnose Diabetes Typ 1.

Die Bründls sind mit ihrem Schicksal nicht allein. Jährlich erkranken in Deutschland immer mehr Kinder an dieser Autoimmunerkrankung. Diesen Anstieg bemerkt auch das Diabetes-Team an der KJF Klinik Josefinum in Augsburg. Und die Kinder erkranken immer früher, wie Chefarzt Privatdozent Dr. Thomas Völkl, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche am Josefinum, berichtet: „Wir behandeln immer häufiger auch schon vier- und fünfjährige Kinder.“ Um der steigenden Zahl der jungen Patienten gerecht zu werden, erweiterte man im Josefinum das pädiatrische Diabetes-Team: Neben Kinderdiabetologen, Kinder- und Jugendärzten gehören auch Ernährungswissenschaftler und Diätassistentinnen, Psychologinnen und mehrere Diabetes-Beraterinnen dazu und begleiten die Kinder und Jugendliche sowie deren Familien nicht nur in den medizinischen, sondern auch in den ganz lebenspraktischen Fragestellungen, die mit dieser Erkrankung einhergehen.

Diabeteszentrum mit der höchsten Zertifizierung


Das neue Diabeteszentrum an der KJF Klinik Josefinum wurde diesen Sommer von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zertifiziert. Das Josefinum erhielt dabei die höchste Stufe der Zertifizierung und darf sich deshalb Diabetologikum DDG nennen. „Damit haben wir bayernweit eine Zertifizierung, die neben uns nur die Kinderklinik der TU München in Schwabing vorweisen kann“, freut sich Chefarzt Dr. Völkl. „Als eine der größten nicht universitären Kinder- und Jugendkliniken müssen wir an klinischen Studien teilnehmen. Deshalb wurde mit dem Diabeteszentrum auch eine Studienzentrale aufgebaut, die sich zum Beispiel an Studien des Helmholtz Zentrums München beteiligt.“ So profitieren die Patienten immer von den neuesten Erkenntnissen und Technologien in der Diabetes-Behandlung.

Die Familien mit einem an Diabetes erkrankten Kind müssen innerhalb kurzer Zeit alles Wichtige über die Erkrankung und den ganz praktischen Umgang mit ihr lernen: „Es ändert sich schon ganz viel im Leben einer Familie mit so einer Erstdiagnose“, berichten Kinder- und Jugendärztin Dr. Stefanie Liebl vom Diabetes-Team des Josefinum. Und Fachärztin Katharina Kerber ergänzt. „Das ist eine Diagnose, die jeden Tag im Leben begleitet.“

Es herrscht viel Unwissen über den Typ-1-Diabetes


Zusätzlich müssen sich die Familien in ihrem Umfeld auch noch mit Unwissenheit und Vorurteilen herumschlagen. „Wenn jemand Diabetes hört, dann denken die allermeisten sofort an den Typ-2-Diabetes“, berichtet Diabetes-Beraterin Melanie Baumgart vom Diabetes-Team des Josefinum. „Aber an einem Typ-1-Diabetes hat niemand Schuld. Diese kommt weder davon, dass das Kind zuvor viel Süßes gegessen oder sich nicht genügend bewegt hätte. Es herrscht ganz viel Unwissen über den Typ-1-Diabetes, nicht nur bei Kindern und Jugendlichen, sondern auch bei den Erwachsenen.“ Auch darauf versucht das Diabetes-Team des Josefinum die Familien während des ersten mindestens zweiwöchigen stationären Aufenthalts nach der Diagnosestellung vorzubereiten. Und auch danach bleiben die Experten ständige Begleiter, sind bei Fragen jederzeit erreichbar und sehen die Kinder und ihre Eltern bei regelmäßigen Terminen im Josefinum. Die Psychologin im Team, Lidka Lutz, hat die Möglichkeit die Familien bei Bedarf auch zu Hause zu besuchen und psychologisch zu unterstützen. „Es ist für die Kinder wichtig, dass sie erleben, dass der Alltag möglichst normal weitergeht, auch wenn der Diabetes jetzt der ständige Begleiter ist“, sagt Psychologin Lidka Lutz.

Aber genau dieser Alltag muss jetzt ganz anders organisiert werden: Die größte Umstellung für die Familien ist natürlich die, dass für das Kind jede Mahlzeit geplant, der Blutzucker regelmäßig gemessen und entsprechend der aufgenommenen Nahrung Insulin gespritzt werden muss. „Grundsätzlich dürfen die Kinder weiterhin alles essen, auch Süßigkeiten, aber man muss immer darüber nachdenken, was man isst, und den Kohlenhydratanteil im Blick behalten“, erklärt Dr. Liebl.

Der Alltag für Kinder und Jugendliche mit Diabetes ist herausfordernd


Daraus ergeben sich dann auch viele weitere Herausforderungen, zum Beispiel wer das Blutzuckermessen und Insulinspritzen begleitet, wenn die Kinder in Kindergarten oder Schule sind, oder ab wann das Kind alles selbst übernehmen kann. Gerne und häufig arbeitet das Diabetes-Team des Josefinum mit der KJF Rehaklinik Prinzregent Luitpold in Scheidegg zusammen, die in einer medizinischen Reha noch einmal umfassender auf das Leben mit der Erkrankung eingehen kann. „Mit dieser mehrwöchigen Reha für Kinder und Jugendliche mit Diabetes machen wir immer wieder gute Erfahrungen“, berichten die Ärztinnen Dr. Stefanie Liebl und Katharina Kerber. „Gerade beim Übergang zu einer weiteführenden Schule, wenn die heranwachsenden Kinder dann auch selbstständiger sein müssen im Umgang mit ihrer Erkrankung.“

In seiner Klasse ist der achtjährige Hiro immerhin nicht der Einzige mit Diabetes, auch ein Mädchen aus seiner Klasse muss sich Insulin spritzen. Sie beiden sind aber wiederum die einzigen beiden mit Diabetes an ihrer Schule. Lisa Bründl sagt im Rückblick auf dieses erste aufregende Jahr: „Hiro macht es super, er jammert nicht. Soweit kommen wir ganz gut klar mit dem Diabetes.“ (kr)

 

Zahlen und Fakten zum Diabetes Typ 1:  


Beim Diabetes Typ 1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin nicht mehr produzieren kann. Dieses Hormon wird benötigt, um den durch die Nahrung aufgenommenen Zucker aus dem Blut in die Körperzellen, etwa von Gehirn oder Muskelzellen, zu transportieren, um sie mit Energie zu versorgen. Darum sind Betroffene ihr Leben lang darauf angewiesen, sich mehrmals täglich Insulin zu spritzen.

Diabetes Typ 1 ist nicht vererbbar, allerdings besteht ein erhöhtes Risiko daran zu erkranken, wenn bereits Familienmitglieder wie etwa die Eltern auch bereits mit Diabetes Typ 1 leben. Heilbar ist diese Erkrankung nicht, aber gut zu behandeln.

Seit 25 Jahren steigt laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft DDG die Neuerkrankungsrate an Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen um etwa vier Prozent. Aktuell sind etwa 32.000 Kinder in Deutschland erkrankt. Damit ist Diabetes die häufigste Stoffwechselerkrankung bei Kindern und Jugendlichen.

 

Kontakt zum Diabetologikum DDG für Kinder und Jugendliche an der KJF Klinik Josefinum:


Diabetes-Telefon 0821 24 12 12 00

E-Mail: diabetes@josefinum.de

www.josefinum.de